Loki-Schmidt-Beet Nr. 28, Rettung in letzter Minute

„Es gibt kein Unkraut, es gibt nur Wildkräuter.“ Dieser bekannte Satz von Loki Schmidt steht seit 1980 über dem Projekt „Blume des Jahres“. Es soll die Aufmerksamkeit auf gefährdete Pflanzenarten lenken, um sie zu schützen.

Als Geschenk der Bevölkerung zu Lokis 90. Geburtstag entstanden zum gleichen Zweck in etlichen Städten und Gemeinden die Loki-Schmidt-Beete. Das Hoisbütteler Beet, angelegt vom Ammersbeker Bürgerverein, trägt die Nummer 28. Schon lange wollte ich den Betreuern dieses Beetes eine Staude von meinem Lungenkraut anbieten. Eines Tages rief ich kurz entschlossen im Rathaus an und ließ mir die Telefonnummer der Betreuer, das Ehepaar Bütow, geben. Frau Bütow trug ich mein Angebot vor. „Grundsätzlich ja“, war die Auskunft, „aber das Beet wird in einer halben Stunde eingeebnet.“ So kam es, dass ich mich - bildlich gesprochen - buchstäblich in letzter Minute „vor den Bagger warf“ und mich bereit erklärte, die Pflegenachfolge anzutreten.

Als Erstes zog ich eine mehr oder weniger gerade Furche um das Beet, um die bislang nicht sehr achtsamen Reiter durch eine klare Begrenzung aufzufordern, dieses Beet als ein solches zu respektieren. Die Furche sollte noch mit Feldsteinen ausgefüllt werden. Eine liebe Nachbarin besorgte nicht nur die Steine, sondern verteilte sie auch noch um das ganze Beet herum. Vielen Dank, liebe Frau Lech.

In Frau Ingrid Neubauer habe ich dann auch noch eine begeisterte Mitstreiterin gefunden. Wir machten uns zusammen an die erweiterte Bepflanzung und Gestaltung der kleinen Anlage. Nach den Vorgaben der Loki-Schmidt-Stiftung sollten möglichst nur „Blumen des Jahres“ gewählt werden, die alle auf einer Liste vorgegeben waren.

Dazu bauten wir ein Feuchtbeet für das Zuhause typischer heimischer Moor- und Sumpfpflanzen wie Sibirische Schwertlilie, Sumpfcalla, Bachnelkenwurz und etliche andere. Insgesamt sind auf „unserem Beet“ mehr als die Hälfte der „Pflanzen des Jahres“ versammelt. Jede der freistehenden Stauden hat als Schmuck einen kleinen Feldstein bekommen. Auf einen größeren Stein haben wir einen kleinen liegenden Engel montiert. Der steht dort für Loki, die vielleicht ihr Beet Nr. 28 von oben betrachtet und hoffentlich mit uns zufrieden ist.

Margret Paech




Unser Loki-Schmidt-Beet

Eine Gemeinde, die auf sich hält, hat natürlich auch ein „Loki-Schmidt-Beet“. Der Bürgerverein unterhält diese Einrichtung seit Mai 2009, als damals unsere ehrenamtlichen Helfer, das Ehepaar Bütow, die Pflanzungen von Wildblumen übernahmen. Zur Erinnerung: Das Beet findet man neben der Friedenseiche im Ortsteil Hoisbüttel (Abzweigung von der Orts-Hauptstraße zum Bredenbeker Teich). Zwischenzeitlich hat Frau Magred Paech die Betreuung ehrenamtlich übernommen, wofür wir ihr an dieser Stelle sehr herzlich danken, denn es gehört sehr viel Mühe und Liebe dazu, dieses Kleinod der Natur zu bewahren. Dieses Beet und die Idee von Loki Schmidt soll auch ein symbolischer Aufruf sein, mit unserer bedrohten Tier- und Pflanzenwelt behutsamer umzugehen. Nachfolgend der Beitrag von Frau Paech:

Vom Sinn und Zweck der Loki-Schmidt-Beete

„Unkraut vergeht nicht.“ Das war einma1. Da gab es aber auch noch nicht das Herbizid Glyphosat. Und wieso überhaupt „Unkraut“? Gibt es etwa Unbäume, Unblumen oder Unsträucher? Eben. Also gibt es laut Loki Schmidt logischerweise auch kein Unkraut, sondern Wildkräuter, die in einem unverantwortlichen Ausmaß einem gewinnorientierten Vernichtungsfeldzug zum Opfer fallen.

Als weiterer Wildpflanzenkiller gilt die Vernichtung naturnaher Flächen durch massive Baulanderschließung, intensive Landwirtschaft und die Umwandlung bunter Wiesenlandschaften in ödes Grasland durch Überdüngung mit Stickstoff. Soviel zum Wildpflanzensterben.

Mehr als die Hä1fte aller Tiere auf unserem Planeten sind Insekten und Spinnentiere. Ungefähr 80 % davon sind in den letzten 35 Jahren vernichtet worden, weil der Mensch auf rücksichtslose Weise in den Kreislauf der Natur eingreift. Wildblüten brauchen Insekten zur Bestäubung und Samenbildung. Vögel brauchen Samen und Insekten als Nahrung.

Wer kann sich daran erinnern, wann zuletzt bei seinem Auto die Windschutzscheibe von Insekten gereinigt wurde? Insektenkörper bestehen zum größten Teil aus Chitin bzw. Keratin wie unsere Haare und Fingernägel und auch das Gefieder der Vögel. Naturschützer berichten von etlichen Gelegen, in denen die Küken nackt verhungert sind, weil wir Menschen den Tieren in dramatischem Ausmaß die für eine natürliche Aufzucht nötige Biomasse entzogen haben.

an hat errechnet, dass ein Singvogelgelege vom Schlüpfen bis zum Flüggewerden im Schnitt ein Kilo Insekten, Raupen und Würmer braucht. Da aber die Pharmaindustrie mit ihrem jahrelangen Insektiziden-Tsunami unsere Käfer, Bienen und Schmetterlinge in großer Zahl zum Verschwinden gebracht hat, so sind die fütternden Altvögel auf die Unterstützung durch den Menschen angewiesen, um selbst bei Kräften zu bleiben bei der inzwischen sehr mühevollen Suche nach Frischfutter für die Küken.

Eine besondere Sorge gilt unseren fliegenden Nutztieren, den Bienen. Wie inzwischen bekannt, wird ihnen mit Neonicotinoiden, den sogenannten „Nicos“, das Leben schwer oder unmöglich gemacht, weil dieses Gift in den Gehirnen der Insekten eine Art Demenz erzeugt, so dass sie ihre Orientierung verlieren, nicht mehr zu ihrem Schwarm zurückfinden, die Brut nicht versorgen können und so das Sterben ganzer Bienenvölker verursacht wird. Und wer soll dann unsere Nutzpflanzen bestäuben? Diese „Nicos“ sind seit 2013 zwar nur noch eingeschränkt von der EU erlaubt. Aber nach Expertenmeinung kann nur ein sofortiges Komplettverbot für Freilandnutzung den weiteren Verlust unserer Insektenvielfalt aufhalten.

Wenn wir uns an Lokis Mahnung: „Anschauen immer, abpflücken nie“ erinnern, so dürfen wir das wohl als ihre Forderung „Hände weg von der Natur“ verstehen, denke ich mal. Und als ganzheitliche Naturschützerin, als die sie bekannt war, hätte sie sich wohl auch nicht gescheut, einen resoluten Rettungsversuch zum Schutz nicht nur der bedrohten Pflanzen, sondern auch der damit verbundenen Insekten- und Vogelvielfalt zu unternehmen.

Nun aber stehen die Loki-Schmidt-Beete mit ihren auserwählten schutzbedürftigen Wildkräutern wie kleine mahnende Oasen in der Landschaft und vielleicht - wer weiß - hat Lokis Schutzprojekt in der Bevölkerung zu hilfreichen Denkanstößen geführt:

- Ökolandwirte wollen neuerdings sogenannte Blühstreifen anlegen

- Friedhofsverwaltungen haben die Absicht, in Zusammenarbeit mit den Kirchen Flächen für

Wildkräuter freizugeben

- Die Loki Schmidt Stiftung verschickt auf Wunsch Wildkräutersamen

- Und unsere “Umweltpartei“ scheint sich langsam auch an ihre ursprünglichen Ziele zu erin-

nern

All dies gibt ein wenig Anlass zur Hoffnung, aber noch nicht zur Freude. Denn nach den Erfahrungen der letzten Jahre werden gewinnbringende Bestrebungen - von welcher Seite auch immer - nicht davor zurückschrecken, die Gesundheit unseres Ökosystems auf dem Altar der Gewinnmaximierung zu opfern.

Diesen respekt- und rücksichtslosen Zeitgenossen möchte ich frei nach einem alten Indianerspruch folgende Mahnung mit auf den Weg geben: ,,Wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fisch vergiftet ist, werdet ihr erkennen, dass man Geld nicht essen kann.“

Magred Paech